Reichsabtei und Fürstentum Prüm

Wappen der Fürstabtei Prüm. (Stadt Prüm)

Am Ober­lauf des Flus­ses Prüm in der Ei­fel grün­de­ten 721 die ade­li­ge Da­me Ber­tra­da und ihr Sohn He­ri­bert (Cha­ri­bert) ei­ne Be­ne­dik­ti­ner­ab­tei und über­tru­gen ihr Grund­be­sitz. Die­se Grün­dung scheint kei­nen Be­stand ge­habt zu ha­ben, denn 752 und 762 kam es durch die Ka­ro­lin­ger zu ei­ner zwei­ten Grün­dung.

Schon bei der ers­ten Grün­dung wur­de dem Klos­ter um­fang­rei­cher Be­sitz, mit der Be­zeich­nung „Fo­res­tis" über­tra­gen. In die­sem Be­zirk la­gen die spä­te­ren Or­te Blei­alf, Gon­den­brett, Sel­le­rich, Win­ter­spelt und der Hof Amel­scheid. In un­mit­tel­ba­rer Um­ge­bung des Klos­ters ka­men 762 durch ei­ne gro­ße Schen­kung Pip­pins des Jün­ge­ren (714-768, Kö­nig der Fran­ken 751-768), dem Va­ter Karls des Gro­ßen, wei­te­re er­heb­li­che Gü­ter­kom­ple­xe in Klos­ter­be­sitz, un­ter an­de­rem die ge­sam­te „vil­la" Prüm, die bis da­hin nur zur Hälf­te dem Klos­ter zu­ge­stan­den hat­te. Die Ko­lo­ni­sie­rung und Ur­bar­ma­chung gro­ßer Land­stri­che im süd­west­li­chen Ei­fel­raum ging ma­ß­geb­lich auf die Ak­ti­vi­tä­ten des Klos­ters in­ner­halb die­ser frü­hen Schen­kun­gen zu­rück.

Als ka­ro­lin­gi­sches Reichs­klos­ter hat­te Prüm im 8. und 9. Jahr­hun­dert ei­ne her­aus­ra­gen­de Stel­lung. Ei­nen Hö­he­punkt bil­de­te das Ver­hält­nis zu Kai­ser Lo­thar I. (ge­bo­ren 795, Kai­ser: 823-855), der 855 in der Ab­tei starb und hier sein Grab fand.

Das Prü­mer Ur­bar, das be­rühm­te Gü­ter­ver­zeich­nis von 893, und der spä­te­re Kom­men­tar von 1222 nen­nen zwar den ge­sam­ten Be­sitz des Klos­ters, er­wäh­nen aber noch kein ab­ge­grenz­tes Ter­ri­to­ri­um, da die Ver­fas­ser of­fen­bar grö­ße­res Ge­wicht auf die ent­fernt lie­gen­den Be­sit­zun­gen als auf die Gü­ter in der Nä­he des Klos­ters ge­legt zu ha­ben schei­nen.

Zahl­rei­che Schen­kun­gen und Pre­ka­rie­ver­trä­ge ver­grö­ßer­ten im Mit­tel­al­ter den Be­sitz des Klos­ters er­heb­lich. Die­ser Be­sitz er­streck­te sich bis zur Maas, bis zum Ober­rhein und bis an den Un­ter­lauf des Rheins. Zen­trum des Be­sit­zes war die Ei­fel­ab­tei. Ne­ben dem Fern­be­sitz, der von Prüm aus ver­wal­tet wur­de, bil­de­te sich im nä­he­ren Um­feld der Ab­tei ein ge­schlos­se­nes Ter­ri­to­ri­um, das im­mer mehr durch mas­sier­ten Be­sitz in sich ab­ge­run­det und schlie­ß­lich im Mit­tel­al­ter „Fürs­ten­tum Prüm" be­zeich­net wur­de. We­sent­li­che Be­stand­tei­le des Fürs­ten­tums wa­ren ein al­ter Bann­forst (ein ur­sprüng­lich kö­nig­li­cher Jagd­be­zirk) des 8. Jahr­hun­derts und das Kern­ge­biet des frän­ki­schen Ca­ros­gaus. Die Gren­ze im Wes­ten bil­de­te der Our-Fluss, im Os­ten stre­cken­wei­se die Kyll. Bis zum 13. Jahr­hun­dert scheint es der Ab­tei ge­lun­gen zu sein, ih­re Lan­des­ho­heit über die­ses ge­schlos­se­ne Ter­ri­to­ri­um aus­zu­bau­en.

Das Fürs­ten­tum zer­fiel deut­lich in zwei grö­ße­re, in sich aber ge­schlos­se­ne Tei­le. Zwi­schen bei­de Tei­le scho­ben sich Ort­schaf­ten, die zu­m kur­trie­ri­schen Amt Schöne­cken ge­hör­ten und die klei­ne Herr­schaft Fle­rin­gen, die bis En­de des 18. Jahr­hun­derts in Aren­ber­ger Be­sitz war. Die Edel­leu­te von Schöne­cken, ei­ne Ne­ben­li­nie der Gra­fen von Vi­an­den, be­sa­ßen die Vog­tei­rech­te im grö­ß­ten Teil des Fürs­ten­tums. Schöne­cken kam 1384 an den Trie­rer Erz­bi­schof; da­mit er­hielt der Erz­bi­schof die an Schöne­cken ge­knüpf­ten Vog­tei­rech­te im Prü­mer Ge­biet. Fast zur sel­ben Zeit (1374) konn­te der Erz­bi­schof von Trier auch die Rech­te an Burg Schön­berg er­lan­gen, die an der nörd­li­chen Gren­ze des Bann­fors­tes lag und die von Prüm lehn­rüh­rig war. Da­mit um­klam­mer­te kur­trie­rer Ein­fluss die Ab­tei und ihr Fürs­ten­tum.

Mit be­dingt durch die­se Um­klam­me­rung ver­lor das Fürs­ten­tum Prüm sei­ne Selbst­stän­dig­keit 1576, als der Trie­rer Kur­fürst nach län­ge­ren Strei­tig­kei­ten die Ab­tei ein­zog und in den Kur­staat Trier in­kor­po­rier­te. In der Fol­ge­zeit spre­chen die Quel­len nur noch vom Amt oder Ober­amt Prüm, das ein Be­stand­teil des Kur­fürs­ten­tums Trier wur­de. Der Kur­fürst von Trier war gleich­zei­tig Ad­mi­nis­tra­tor (Ver­wal­ter) des Be­ne­dik­ti­ner­klos­ters.

In ei­ner Be­schrei­bung von 1784 wur­de das ehe­ma­li­ge Fürs­ten­tum als Amt Prüm be­zeich­net. Haupt­ort des Ter­ri­to­ri­ums war das zen­tral ge­le­ge­ne Prüm mit Ab­tei und Stift. Hier führ­te ein kur­trie­ri­scher Amt­mann die Auf­sicht über 16 Schult­hei­ße­rei­en und 6 Zen­ne­rei­en. Die Schult­hei­ße­rei­en wa­ren Ge­richts- und Ver­wal­tungs­be­zir­ke mit je­weils ei­nem Schult­hei­ßen und sie­ben Schöf­fen. Im so ge­nann­ten Dau­ner Hof trug der Schult­heiß die Be­zeich­nung Mei­er. In den Zen­ne­rei­en war der Bür­ger­meis­ter oder Zenn­ner / Zend­ner für die Ein­zie­hung der Lan­des­steu­ern und für die Ver­kün­di­gung der lan­des­herr­li­chen Er­las­se zu­stän­dig. Ein Feu­er­buch (Feu­er­stät­ten­ver­zeich­nis) von 1684 nennt nur 14 Schult­hei­ße­rei­en oder Hö­fe; da­von un­ter­stan­den vier Hö­fe der kur­fürst­li­chen Kell­ne­rei Schön­berg (Alf, Win­ter­spelt, Sel­le­rich und der Dau­ni­sche Hof), die rest­li­chen wur­den von Schöne­cken aus ver­wal­tet (Nie­der­prüm, Sef­fern, Gon­den­brett, Schwirz­heim, Ols­heim, Her­me­spand, Wal­lers­heim, Wet­tel­dorf, Bü­des­heim, Rom­mers­heim).

Kur­trier be­grün­de­te sei­ne In­kor­po­ra­ti­on 1576 auch mit dem Ar­gu­ment, dass in Prüm die Ge­fahr der Ein­füh­rung der Re­for­ma­ti­on be­stün­de. Ob dies tat­säch­lich so ge­se­hen wer­den kann, ist um­strit­ten. Je­den­falls blieb das Ter­ri­to­ri­um nach der Ein­glie­de­rung in den Kur­staat ka­tho­lisch.

Die Ab­tei ge­hör­te zu­m Ober­rhei­ni­schen Kreis und führ­te ei­ne Stim­me im Reichs­fürs­ten­rat (Kol­leg der Reichs­fürs­ten auf den Reichs­ta­gen). Die Grö­ße des Fürs­ten­tums oder Amts Prüm wird um 1790 mit rund 39.500 Hekt­ar an­ge­ge­ben.

Das ehe­ma­li­ge Amt oder Fürs­ten­tum Prüm wur­de 1794 durch fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­ons­trup­pen be­setzt, das Klos­ter 1802 auf­ge­ho­ben. Durch den Frie­den von Lun­é­vil­le 1801 wur­de es zu­sam­men mit den an­de­ren links­rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en dem fran­zö­si­schen Staats­ge­biet ein­ge­glie­dert. Es ge­hör­te, zu­sam­men mit Trier, zu­m Saar­de­par­te­ment, bis es 1815 ein Teil der (ab 1830 so ge­nann­ten) preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz wur­de. Der grö­ß­te Teil des ehe­ma­li­gen Fürs­ten­tums bil­de­te den Kern des neu ge­bil­de­ten Krei­ses Prüm, der bis zur Ver­wal­tungs­re­form von 1970 Be­stand hat­te und dann im Land­kreis Bit­burg-Prüm auf­ging.

Quellen

Nol­den, Rei­ner (Hg.), Das „Gol­de­ne Buch" von Prüm (Li­ber au­reus Prumi­en­sis). Fak­si­mi­le, Über­set­zung der Ur­kun­den, Ein­band, Prüm 1997.
Schwab, In­go (Hg.), Das Prü­mer Ur­bar, Düs­sel­dorf 1983.

Literatur

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Forst, Her­mann, Das Fürs­ten­tum Prüm, Bonn 1903
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Is­phor­ding, Bernd, Prüm. Stu­di­en zur Ge­schich­te der Ab­tei von ih­rer Grün­dung bis zum Tod Kai­ser Lo­thars I. (721-855), Mainz 2005.
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Neu, Pe­ter, Der An­schluß des Klos­ters Prüm an Kur­trier, in: Jo­han­nes Mötsch, Mar­tin Schoebel (Hg.), Eif­lia Sa­cra. Stu­di­en zu ei­ner Klos­ter­land­schaft, Mainz 1994, S. 395-406.
Neu, Pe­ter, Die Ab­tei Prüm im Zeit­al­ter der Re­for­ma­ti­on und Ge­gen­re­for­ma­ti­on, in: Rhei­ni­sche Vier­tel­jahrs­blät­ter 50 (1986), S. 106-127.
Schwab, In­go, Be­sit­zun­gen der Ab­tei Prüm im 9. Jahr­hun­dert (= Ge­schicht­li­cher At­las der Rhein­lan­de VII/1), Köln 1982.
Will­wersch, Mat­thi­as, Die Grund­herr­schaft des Klos­ters Prüm, Trier 1912 (Neu­auf­la­ge, hg. von In­go Schwab / Rei­ner Nol­den, Trier 1989).

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Reichsabtei und Fürstentum Prüm, Ausschnitt aus der Karte 'Territorien im Rheinland 1789', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

Luftaufnahme der Abtei Prüm, 2015. (Wolkenkratzer / CC BY-SA 4.0)

 
Zitationshinweis

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Neu, Peter, Reichsabtei und Fürstentum Prüm, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/reichsabtei-und-fuerstentum-pruem/DE-2086/lido/57d1196426e1a0.41537212 (abgerufen am 19.03.2024)

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